Business as casual
Mai 2015 | Lufthansa Exclusive: Glatzköpfiger „Bond“-Bösewicht oder blinder Verführer in „Hotel Desire“: Clemens Schick wechselt gern die Rollen. Für uns ist er in die des seriösen Geschäftsmanns geschlüpft
Herr Schick, Sie sagen, Sie können mit dem Begriff Mode nicht viel anfangen, gleichzeitig haben Sie eine sehr dezidierte Meinung zu Ihren Outfits, Ihrem Styling, ob Ihnen etwas steht oder nicht. Ist das nicht ein Widerspruch?
Wenn ich sage, ich mag keine Mode, heißt das, ich mag nicht, wenn etwas modisch ist. Mir geht es um Individualität. Mich interessiert, wenn jemand Stil oder Klasse hat. Wenn ich das Gefühl habe, Menschen tragen etwas, weil es gerade in Mode ist, aber eigentlich passt es nicht zu ihnen, interessiert mich das nicht. Aber wenn jemand sein Handwerk versteht, sei es ein guter Schneider oder ein toller Schuhmacher, dann reizt mich das sehr.
Wenn ein Magazin wie GQ Sie zum „Mann des Jahres“ wählt, empfinden Sie das dann auch als Glück oder Ehre?
Ich freue mich darüber, mehr aber nicht. Zu meinem Beruf gehört die Öffentlichkeit. Mir war immer wichtig, dass meine Interessen auch mein öffentliches Erscheinungsbild prägen. Deswegen engagiere ich mich für Menschenrechte, deswegen engagiere ich mich politisch, deswegen bin ich zweimal nach Afghanistan gereist und habe dort vor deutschen Soldaten Theater gespielt, deswegen versuche ich mich einzumischen, wenn ich denke, dass ich mich einmischen muss. In der Öffentlichkeit zu stehen gibt einem die Möglichkeit, anders auf Themen hinzuweisen.
Es heißt, Sie lieben es, sich zu verkleiden. Ist ein Mode-Shooting wie Verkleiden für Sie?
Nein. Ich würde aber auch nichts anziehen, worin ich mich unwohl fühle. Am Ende entsteht ein Bild von mir, und das muss für mich passen. Würde ich mich verkleidet fühlen, würde das Foto nicht gut werden. In meinem Beruf ist das allerdings ein ganz anderes Thema. Da macht es mir großen Spaß, mich zu verkleiden. Das Kostüm kann eine Arbeit enorm beeinflussen, es kann sie allerdings auch extrem schwierig machen, wenn es nicht gut ist.
Mischen Sie sich dann ein?
Nicht nur dann. Es geht immer darum, gemeinsam die Rollen zu finden. Die Kostümbildner, die Regisseure, ich – wir kommen alle zusammen, Film- und Theaterarbeiten entstehen im Kollektiv. Manchmal habe ich andere Vorstellungen als der Rest, auch vom Kostüm. Es kann passieren, dass ich das Gefühl habe, die Person müsste unbedingt andere Schuhe tragen, Schuhe machen schließlich den Gang. In solchen Fällen ist Einmischung enorm wichtig.
Wie kleidet sich denn der private Clemens Schick?
Ehrlich gesagt, trage ich meist das Gleiche, wenn ich nicht gerade auf öffentliche Veranstaltungen oder Filmpremieren gehe. Eine Jeans- oder Bomberjacke, darunter ein weißes oder graues T-Shirt, dazu Jeans und gute, feste Schuhe. Da ich so viel reise, ist das sehr praktisch. Die einzige Frage, die ich mir beim Packen stellen muss, lautet: Wie warm oder kalt ist es eigentlich dort, wo ich hinreise?
Sind Ihre Tattoos auch Zeichen eines persönlichen Modestils, oder geht es da um ganz anderes?
Tätowierungen sind für mich eine Ausdrucksform, die mir liegt. Vor zehn Jahren habe ich mir die erste stechen lassen, mittlerweile sind es zwölf. Ich denke immer, das war’s jetzt, und dann passiert irgendwas. Jedes meiner Tattoos hat eine so wichtige Bedeutung, dass es fast zu privat ist, darüber zu sprechen. Im Grunde sind es immer die Geschichten von Menschen: Liebesgeschichten, Geschichten über Freundschaften oder Menschen, die ich verloren habe. Nur eins meiner Tattoos ist nicht auf eine Person bezogen: die Madonna. Das ist die Ikone, die in dem französischen Taizé-Kloster zu finden war, in dem ich mit 22 ein halbes Jahr gelebt habe.
Clemens Schick, 43, wuchs in Stuttgart auf, studierte in Berlin Schauspiel und wurde 2006 durch seine Rolle in dem James-Bond-Film „Casino Royale“ bekannt. Er hat sich auch schon als Fotomodell ausprobiert, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Bruce Weber oder Nan Goldin. Wir trafen ihn in Wien am Rande der Dreharbeiten zum Science-Fiction-Film „Stille Reserven“