Drive Inn
Lufthansa Exclusive: Luxusmarken setzen auf Luxusimmobilien, der jüngste Vorzeigebau steht in Miami: Dort hat sich Porsche Design mit einem Apartmentturm samt Autofahrstuhl ein Markenmonument erschaffen
Miami Beach wird von Superlativen regiert: die schnellsten Autos, die herrschaftlichsten Immobilien, die spektakulärsten Aussichten. Wer vom berühmten Ocean Drive Richtung Norden fährt, reist durch ein Disneyland der Architektur. Ein französisches Loire-Schlösschen neben einem altenglischen Tudor-Palast neben einem italienischen Renaissance-Bau, selbst ein kleines Taj Mahal entdeckt man hier. Davor, in einem schmalen Meeresarm, funkeln prächtige Jachten im Sonnenschein. Und über die breiten Straßen rollen Ferraris mit verdunkelten Scheiben, Bugattis, Porsches. Seit dem Frühjahr ist das Stadtbild um einen weiteren Superlativ reicher. Nun ragt an der Collins Avenue Nr. 1855, in Sichtweite zum Atlantikstrand, ein schwarzer 200 Meter hoher Tower in den ewigblauen Himmel, höher als alle Gebäude um sich herum: der Porsche Design Tower.
Bekannt ist das Anfang der 1970er- Jahre von Ferdinand Alexander (F. A.) Porsche gegründete Produktdesign- Unternehmen mit Sitz in Zell am See für minimalistische Uhren, Sonnenbrillen, hochwertige Kleidung und Lederaccessoires. Diese Immobilie aber macht klar: Die Marke will mehr. Sämtliche öffentlichen Räume in dem Hochhaus haben die Österreicher gestaltet, auch für einige architektonische Merkmale zeichnen sie verantwortlich. „Mit dieser Immobilie wollen wir unsere Welt vervollständigen“, sagt Roland Heiler, Geschäftsführer des Porsche Design Studios.
Luxusmarken schmücken sich mit Luxusbauten – und Porsche Design setzt sich mit seinem neuen Wolkenkratzer an die Spitze dieses Trends. Auch Aston Martin plant ein Hochhaus in Miami, Bugatti setzt auf Villen in Dubai. Einige Mode und Schmuckmarken aus dem Luxussegment haben ihr Sortiment in den vergangenen Jahren um Interior-Kollektionen erweitert und statten nun in Miami und Dubai, Beirut und London extra dafür gebaute Apartmenthäuser aus: Missoni und Armani sind darunter, auch Versace, Bulgari und Fendi. Schon früher wurden Gebäude nach ihren Architekten benannt, oder nach Prominenten, die einen exquisiten Lebensstil repräsentieren, so der Michael Schumacher World Tower am Stadtrand von Delhi. Es gibt Hochhäuser, die tragen die Namen der Unternehmen, deren Headquarter sich darin befinden. Aber ein für Hunderte Millionen Dollar er richteter Nobelwohnturm als reines Marketingtool? Das ist neu.
Wer verstehen will, warum das für eine Brand wie Porsche Design richtig ist, warum jetzt, warum hier, der fragt in Zell am See nach. Hier sitzt Heilers Design studio, 20 Mitarbeiter, das pompöse Miami ist weit. Allenfalls einige Wagen auf dem Parkplatz lassen ahnen, dass im Gebäude gar nicht so schmucklose Dinge entstehen. Sie seien eben sehr für Understatement, sagt Heiler. Immerhin erstrahlt in der Ferne feinstes österreichisches Bergpanorama.
Der 59-Jährige kennt den Konzern gut. 21 Jahre lang war er dort, bis er 2004 nach Zell am See kam, um die Nachfolge von F. A. Porsche anzutreten. Heilers Büro liegt gegenüber dem alten Arbeitszimmer seines Vorgängers – einem kleinen, schlicht gestalteten Raum mit Schreibtisch und Glasvitrine, der seit dem Tod des Designpapstes vor fünf Jahren nicht verändert wurde. Dessen Erbe steht darin, akkurat aufgereiht, en miniature: der ewig junge 911er, der 904 Carrera GTS, der Formel1Rennwagen Typ 804. Zehn Jahre arbeitete F. A. Porsche als Chefdesigner bei der Automarke. Als die ganze Familie 1972 aus dem Unternehmen ausschied, beschloss er, seine Auffassung von guter Gestaltung von nun an auf Produkte zu übertragen – er gründete Porsche Design.
Inspirieren ließ er sich häufig von den Funktionen aus dem Automobilbau. Heiler nennt dies „eine ständige Gratwanderung, einerseits als selbstständige und exklusive LifestyleMarke wahrgenommen zu werden und gleichzeitig eine Verbindung zu Porsche bestehen zu lassen“. Und weiter: „Wir wollen ja nicht als AccessoireLinie der Autofirma gesehen werden.“ Auch heute noch machen den Clou einiger PorscheDesignProdukte je ne Konstruktionen aus, die man sonst nur in Fahrzeugen findet. Zuletzt beim Chronograf Monobloc Actuator, bei dem statt der zwei Knöpfe, die gedrückt die Stoppfunktion auslösen, eine ins Gehäuse integrierte Schaltwippe dies leistet, ähnlich dem KipphebelSystem zur Ventilsteuerung eines Autos.
Und nun ein Luxustower in Miami Beach mit einem dafür entwickelten Autofahrstuhlsystem und 132 Wohnungen auf 60 Stockwerken, die kleinsten à 450, die PenthouseApartments zu 1800 Quadratmeter. „Für uns war von Anfang an klar, dass wir nicht einfach eine Lizenz verge- ben wollen, den Turm mit unserem Logo schmücken, und das war’s“, sagt Heiler. Sie wollten ein Designerlebnis, „das einer- seits die Marken-DNS von Porsche Design bereits spürbar macht, wenn man rein- kommt, und gleichzeitig dem Thema Auto eine besondere Aufmerksamkeit schenkt.“
Warum werden solche Marken-Monumente jetzt zum Trend? „Der Luxusmarkt erlebt seit Jahren eine starke Demokratisierung“, so Heiler, „bekannte französische und italienische Luxusbrands waren einmal etwas ganz Exklusives. Mittlerweile erleben sie, vor allem auf dem asiatischen Markt, eine extreme Verbreitung.“ Mit Luxusimmobilien, quasi Highend- Showrooms, positioniert man sich, wie es in Zeiten von Online-Shops und Billigkopien sonst kaum mehr möglich ist. Sich in diesen Turm einkaufen, wo die Apartments ab fünf Millionen Dollar zu haben sind und sich die monatlichen Neben- kosten auf 3000 Dollar belaufen, kann nur eine ganz bestimmte Klientel.
Es sei „the most exclusive building on this planet“, schwärmt Bauherr Gil Dezer von Dezer Development. Auch er liebt die Superlative. Der Autonarr gilt als mächtig, baut hier die spektakulärsten Wolkenkratzer, die ersten entstanden An- fang der 2000er-Jahre in Zusammenarbeit mit seinem „unternehmerischen Mentor“ Donald Trump. Folglich hat Dezer reichlich Erfahrung mit branded buildings, er weiß, welcher Name zieht. Porsche zieht. „Da kriegen hier alle große Augen“, sagt er. Als versehentlich auf dem ersten Schild, das auf dem leeren Grundstück stand, in winziger Schrift „Porsche Design Tower“ stand, lange vor Verkaufs- und Baubeginn, wurde ein Journalist auf-merksam, schrieb darüber – am nächsten Tag riefen die ersten Interessenten an.
Dezer agiert heute als Tour-Guide, er ist dafür extra, mit Privatjet, klar, aus New York angereist. Die Führung beginnt im „Dezervator“. Die drei verglasten Automobil-Aufzüge hat Dezer selbst konstruieren, testen und patentieren lassen. Als Vorbild dienten die Autotürme der VW-Autostadt in Wolfsburg, für den Testlauf ließ der Bauherr in der Nähe von Chicago einen 40 Meter hohen Turm mit einem Modell der Aufzüge errichten. Die Dezervators sind nicht nur ein gutes Verkaufsargu- ment, sie bilden auch das statische Rückgrat des Turms. Jeder Bewohner kann sein Auto in die Wohnung mit- nehmen, jede bietet mindestens zwei Stellplätze, jedes Penthouse zwölf, auf Wunsch sind die Garagen gläsern. So können die Bewohner auch von der Couch aus ihren Fuhrpark betrachten. Fast das gesamte Hochhaus ist verglast und offeriert spektakuläre Atlantik-Aus- blicke. Jedes Apartment ist mit einer Loggia, Swimmingpool und Outdoor- Küche ausgestattet. Draußen warten weitere Attraktionen: Terrassen mit Pool-Landschaft, ein Restaurant, Fitness- Center, Beauty-Salon, Kino, Yogastudio, Golf-Simulator …
Porsche Design ist funktionaler Luxus – was in Miami auch bedeuten kann, dass man seine Wohnanlage, so man denn will, höchstens noch zum Shoppen verlassen muss. Das Hochhaus ist von der puristischen Designsprache der Österreicher geprägt – viel Porsche-Design-Grau, gebürsteter Edelstahl, Schwarz. Sonst übersetzen sie diese in die eigene Produktkollektion, erhältlich in mehr als 120 eigenen Stores weltweit, sowie in die Auftragsarbeiten, die man für andere Unternehmen und Marken erledigt. Das kann die Gestaltung eines Rasierapparats für Panasonic sein, das Design und die Ausstattung einer Luxusjacht für den monegassischen Hersteller Dynamiq, oder auch der Entwurf eines Monitors für die taiwanesische Computer-Hardware-Firma Asus.
Dass die Zusammenarbeit mit Dezer so gut funktioniert hat, liegt auch an dessen Autovernarrtheit: Der Mann besitzt 29 Autos, die meisten davon aus Zuffenhausen. Wer kauft die Wohnungen? Man hüllt sich in Schweigen. „Es sind die Chefs wichtiger Konzerne“, sagt Dezer verschwörerisch, „glauben Sie mir, sie sind alle hier.“ Die Ersten sollen im Herbst einziehen. Für Porsche Design ist Miami schon jetzt ein Erfolg, dank der Lizenz- gebühren und des medialen Echos. Als Nächstes ist ein Projekt in Frankfurt am Main geplant. Wohl ohne Autofahrstuhl und nicht ganz so hoch wie in Miami. Aber nicht ohne Superlative – dann eben deutsch interpretiert.