Franziska Klün

Man wird sehen was übrig bleibt

September 2012 | Interview.de: Alexander Schröder, Inhaber der Galerie Neu, und Galerist Guido Baudach leiten zusammen die Art Berlin Contemporary, das neue Herzstück des Berliner Kunstherbstes. INTERVIEW traf Schröder während der Aufbauarbeiten in der Station am Berliner Postbahnhof und sprach mit ihm zwischen Gabelstaplern und Kabelträgern über den Kunststandort Berlin und das diesjährige ABC-Programm.

INTERVIEW: Herr Schröder, zum ersten Mal steht der Berliner Kunstherbst unter der Dachmarke „Berlin Art Week“. Werden die Besucher das Art Forum vermissen?

ALEXANDER SCHRÖDER: Wir können eine Messe für Berlin nicht gleich vollkommen ersetzen, aber wir haben seit fünf Jahren das Format ABC zusätzlich zum Gallery Weekend aufgebaut und nun durch den Wegfall der Messe eine größere Verantwortung für die Stadt und für internationale Kollegen. Die nehmen wir gerne an und ich bin sehr zuversichtlich, dass den Besucher nichts fehlen wird.

INTERVIEW: In einem Buch über „Kunst in Berlin“ von 1989 heißt es, „die Stimmung ist gut doch die Käufer fehlen“. Ist der Satz auch heute aktuell?

SCHRÖDER: Der Satz wurde all die Jahre ständig wiederholt. Berlin war immer schon ein Ort des Austausches. Sehr viele nationale und internationale Künstler sind hier ansässig und das seit 10, 15 Jahren. Das macht die Attraktivität des Kunststandortes aus. Gleichzeitig ist Berlin eine Stadt, in die die Menschen gerne reisen und so findet sich hier ganz langsam eine Sammlerschaft zusammen, die in Berlin immer vermisst wurde.

INTERVIEW: Es wird erwartet, dass nach Gallery Weekend, Art Basel und Documenta die Sammler müde sind und nicht noch mal nach Berlin reisen. Wer kommt also?

SCHRÖDER: Nach dem ganzen Hickhack mit dem Art Forum ist es uns sehr wichtig, auch die Berliner für uns zu gewinnen. Wir setzen große Hoffnungen in die Art Week. Zum Beispiel die Kombitickets, die für 28 Euro Eintritt in alle elf Partnerinstitutionen gewähren. Da waren viele überrascht, dass so etwas überhaupt möglich ist. Das ist wichtig, aber natürlich brauchen wir auch die internationale Klientel. Am Ende zählt, dass der ausstellende Galerist zufrieden ist. Und das ist er, wenn er etwas verkaufen kann.

INTERVIEW: Sie waren auch starker Impulsgeber, was die Kreation der Dachmarke „Berlin Art Week“ anbelangt. Wo soll es damit hingehen?

SCHRÖDER: Die Dachmarke soll eine Klammer sein, die es schaffen soll, die Berliner Institutionen dazu zu bewegen, in diesem Zeitraum ein tolles Programm zu zeigen, das die Stadt auch über die ABC hinaus interessant macht.

INTERVIEW: Macht sich Berlin mit dem Gallery Weekend im Frühjahr unnötig eigene Konkurrenz?

SCHRÖDER: Natürlich kann man sich fragen, warum Berlin nun zwei solcher Events braucht. Aber es sind zwei unterschiedliche Formate, die mit den Terminen bedient werden. Diese sind noch keine Selbstläufer und sie ergänzen sich. Anhand des enormen Zulaufs der Berliner Kollegen sehen wir ja, dass beide Termine funktionieren. Und zur ABC schaffen wir es, noch die internationalen Galeristen als Teilnehmer zu gewinnen.

INTERVIEW: Muss man sich langfristig auf einen Termin einigen?

SCHRÖDER: Noch ist ja genügend Potenzial, das ganze auf zwei Ebenen laufen zu lassen. Was am Ende übrig bleibt, wird man sehen.

INTERVIEW: Anemone Vostell vom Landesverband Berliner Galerien kritisiert, der Galerienstandort sei mit der Berlin Art Week nicht richtig abgebildet, da nur die auf den Messen vertretenen Galerien erscheinen.

SCHRÖDER: Vielleicht liegt das auch an dem Verband selbst. Komischerweise ist da fast keine Galerie vertreten, die beim Gallery Weekend oder jetzt involviert ist. Ich würde es also umdrehen und sagen: Der Verband ist nicht repräsentativ für die Berliner Galerienszene.

INTERVIEW: Im vergangenen Jahr lag der Fokus der ABC auf der Malerei – warum haben Sie sich von der Vergabe eines thematischen Schwerpunkts verabschiedet?

SCHRÖDER: Zum einen haben wir alle Genres langsam durch, zum anderen war die ABC als Zusatzveranstaltung zur Messe gedacht. Durch den Wegfall sind wir in einer Eigenverantwortung, die wir auch gerne an die Kollegen weiter geben wollen. Jetzt stellen sie die Themen selbst.

INTERVIEW: Mittlerweile sind die Aufbauarbeiten fast fertig. Konnten Sie schon einen zufälligen Schwerpunkt erkennen?

SCHRÖDER: Durchaus. Berlin als Produktionsstandort. Die Dynamik der Stadt bedingt sich ja auch dadurch, dass hier tatsächlich Kunst entsteht. Der „Artist Space“, also die vor 25 Jahren in New York gegründete Non-Profit-Organisation, kuratiert einen Basar, wo man sich auf die Schnittstellen der Produktion konzentriert.

INTERVIEW: Was hat das mit dem Produktionsstandort Berlin zu tun?

SCHRÖDER: Es geht um den Austausch. Wir sind ja offen und haben hier noch nicht alles erfunden. Bei der ABC soll nicht alles auf die Stadt fixiert sein. Wie vorhin erwähnt, funktioniert Berlin als Ort des Austausches, als Umschlagplatz und damit auch als Link zu dem, was zum Beispiel in New York passiert.

INTERVIEW: Verraten Sie uns Ihre Favoriten?

SCHRÖDER: Ich mag natürlich alle Aussteller. Aber sehr gespannt bin auf den Basar. Ich freue mich, wenn internationale Kollegen kommen, wie Alex Zachary oder Peter Currie. Oder vier Galerien aus Dubai. Das ist interessant, weil es eine andere Perspektive auf Galerien und das Kunstmachen in diesen Ländern aufweist.

INTERVIEW: Die ABC hat gerade die ehemalige Kommunikationsleiterin der Art Basel, Maike Cruse, zur zukünftigen Direktorin ernannt – heißt das, Sie ziehen sich raus?

SCHRÖDER: Es ist uns sehr wichtig, dass wir uns in Zukunft ein wenig zurücknehmen können, der Zeitaufwand ist einfach zu groß. Maike Cruse bringt sehr viel internationale Erfahrung mit, auch im Entwickeln von künstlerischen Projekten. So kann das Format weiter wachsen, das Zwitterwesen aus Messe und Ausstellung wird weiter vorangetrieben und die Qualität gesteigert.

September 2012 | Interview.de